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Köln:Selbstermächtigung für Frauen mit internationalen Biographien

Im Petershof wird seit 2022 mit Mitteln der Aktion Neue Nachbarn ein Internationales Frauencafé betrieben, bei dem Frauen mit Migrationsgeschichte, ganz überwiegend Geflüchtete, zusammenkommen, sich gegenseitig unterstützen, gemeinsame Ausflüge und Workshops veranstalten und Hilfestellung bei allen sozialen und bürokratischen Problemen erhalten können.
Datum:
5. Mai 2025
Von:
Isabel Heinrichs

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Das Ziel des Projekts ist es, einen offenen und niederschwelligen Ort zu schaffen, an dem sich geflüchtete Frauen bzw. Frauen mit einer internationalen Biographie aufgehoben fühlen, Gemeinschaft erleben und Stärkung erfahren. Damit sollen sie befähigt werden, den Weg einer selbstbestimmten Biographie zu beschreiten. Die Erfahrung des Zusammenhaltes führt zunehmend zu gegenseitiger Unterstützung und Solidarität, aber auch zu einem Verständnis der Bedeutung von Vielfalt in Verschiedenheit und zu einer Wahrnehmung der eigenen Stärke als Frauen in dieser Gesellschaft.

Die kontinuierliche qualifizierte Unterstützung schützt die Frauen vor Ohnmachtsgefühlen gegenüber der Bürokratie, gibt ihnen Sicherheit, die richtigen Entscheidungen für ihre Aufenthaltsperspektive zu treffen, ihre Rechte durchzusetzen und ermöglicht ihnen, Schritt für Schritt eigenständig mit den Anforderungen unseres Gesellschaftssystems umgehen zu können.

Diese Selbstermächtigung erschließt Frauen mit internationalen Biographien einen gleichwertigen Platz in der Gesellschaft.

Die wöchentlichen Treffen im Petershof finden regelmäßig donnerstags nachmittags statt, für Einzelgespräche gab es extra Zeitfenster, wenn Frauen eine intensivere Rechts- oder Sozialberatung benötigten. Zu den Treffen kommen regelmäßig zwischen 20 und 30 Frauen sowie 4 bis 10 Kinder. Die Größe der Gruppe erfordert zwingend die Unterstützung durch Sprachmittlerinnen und Beratungsassistentinnen.

Eine albanische und eine iranische Sprachmittlerin sind bereits fester Bestandteil des Teams. Sie übernehmen große Verantwortung für die zuverlässige Durchführung und beraten vor allem bei Anträgen auf Sozialleistungen, Möglichkeiten von Ausbildungen und Praktika sowie bei der Suche nach Kinderbetreuung. Sie verfügen über eine ausgeprägte Sensibilität bei Konflikten zwischen den Frauen und verstehen es, immer wieder einen Grundkonsens der Solidarität und des Miteinanders herzustellen. Dabei werden vor allem die Sprachen Albanisch, Dari und Farsi abgedeckt. 

Am Café nehmen ca. 8 – 10 Frauen aus Albanien, einige von ihnen fast ohne deutsche Sprachkenntnisse teil, sodass auch die Übersetzung von Behördenschreiben und bei rechtlichen Beratungen sehr wertvoll sind. Einige iranische Frauen sind vor der frauenspezifischen Verfolgung im Iran geflohen, befinden sich noch im Asylverfahren und sind oft sehr isoliert in Köln, weil sie ohne Familie hier sind und noch keine berufliche Anbindung haben. Viele der afghanischen Frauen sind zwar schon länger in Deutschland, haben ihre Kinder bei erfolgreichen Schul- und Bildungsabschlüssen begleitet, aber auf dem Hintergrund ihrer fehlenden Literalisierung selbst keinen Zugang zur deutschen Sprache und zum Arbeitsmarkt gefunden. 

Bei den wöchentlichen Treffen spielen neben der Beratung auch das gemeinsame Kochen, Spielen, Erzählen eine große Rolle. Die Frauen bilden abwechselnd kleine Gruppen und kochen für die anderen. Damit vollzieht sich ein wichtiges Ritual der Einladung und Fürsorge für andere, die ihnen in ihren beengten Unterkünften nicht möglich ist. Das gemeinsame Essen schafft Freude, Miteinander und bildet den Rahmen für die Erzählungen der Frauen aus ihrem Leben.

Von den Fördermitteln der Aktion Neue Nachbarn konnten Sprachbingos angeschafft werden, mit denen die Sprachkompetenz der Frauen erweitert wurde. Auch die Kinder lieben das Spiel im Petershof, Tischtennis und Basketball waren bereits vorhanden, ergänzend konnten aus den Fördermitteln Bälle und Wurfspiele angeschafft werden.

Seit 2024 konnten viele Frauen auf ihrem Weg hin zu beruflichen Perspektiven und Verfestigung ihres Aufenthalts unterstützt und begleitet werden. Mehrere Frauen konnten den Integrationskurs erfolgreich abschließen. Zwei Frauen haben eine Ausbildung im medizinischen Bereich begonnen und konnten damit ihr Bleiberecht in Deutschland erreichen. Eine Frau konnte wegen der Ausbildung (diese hatte sie schon im April 2024 begonnen) erfolgreich in einen dauerhaften Aufenthalt wechseln. In einem Fall konnte der bereits abgelehnte Familiennachzug erfolgreich eingefordert werden. Eine Familie erhielt nach langen erfolglosen Versuchen ihre Niederlassungserlaubnisse und in mindestens drei Fällen konnten erfolgreiche Widerspruchsverfahren gegen die Ablehnung von Kinderzuschlag, Berufsausbildungsbeihilfe und Unterhaltsvorschuss geführt werden.

Die Erfolge einzelner Frauen stärken und ermutigen die anderen Frauen, in ihren Anstrengungen nicht nachzulassen und eigene Ziel nachhaltig zu verfolgen.

Im Rahmen des Frauencafés wurden auch immer wieder besondere Anlässe, wie Weihnachten, Ostern, das Zuckerfest oder Geburtstage gefeiert. Alle Frauen lieben die Ausflüge des Frauencafés, wie z.B. nach Wuppertal, in den Kölner Zoo und in verschiedene Museen. Wir fördern damit die Wahrnehmung ihres kulturellen, historischen und sozialen Umfelds.

Ein wichtiger Höhepunkt für die Frauen war die gemeinsame Teilnahme an der Demonstration zum Frauentag am 8. März 2025. Zuvor wurde nach einer gemeinsamen Diskussion ein Transparent entworfen. Zusätzlich hatten die Frauen die Möglichkeit, ihre eigenen Meinungen auf Schildern, auch in ihrer Sprache, zu formulieren. Davon machten viele Frauen gerne Gebrauch. Für manche Frauen, die in ihren Herkunftsländern auch direkte Konfrontationen mit der Polizei erlebt hatten, bedeutete es Überwindung, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen und Forderungen zu stellen. Das Gefühl in einem solchen Zusammenhang Gemeinschaft und die Stärke von Frauen zu erleben, war jedoch für alle eine wichtige Erfahrung. 

Bericht von Dorothee Frings, Vorstand Machbarschaft Petershof e.V.